Unser Dorfbrunnen, wie wir ihn heute kennen, plätschert nun bereits seit 200 Jahren still vor sich hin. Erbaut im Jahr 1822, begeht der Urbarer Antonius-Brunnen in diesem Jahr (2022) somit seinen 200. Geburtstag. Für uns heutige Zeitgenossen ist diese Schlagzeile sicher kein besonderer Anlass zum Feiern, denn ein Brunnen hat für uns keine große Bedeutung mehr, allenfalls noch als dekorativer Ortsschmuck. In der Regel laufen wir achtlos an ihm vorbei, lauschen allenfalls hin und wieder mal dem Plätschern seines stetigen Wasserkreislaufs, nehmen aber ansonsten höchstens noch als kulturhistorisches oder nostalgisches Denkmal von ihm Notiz.
Eine völlig andere Wahrnehmung hatten hingegen die Dorfbewohner des Jahres 1822, als der neue Brunnen mit dem preußischen Löwenkopf erstmals für sie in der Dorfmitte „Wasser spuckte“. Dieser Tag muss für die Urbarer ein echter Freudentag gewesen sein. Denn eine zentrale Wasserversorgung gab es bis zu dieser Zeit einfach noch nicht – und so waren die Leute gezwungen, ihre täglichen Wasserrationen für den Eigenbedarf und für das Vieh im Stall an den vorhandenen Wasserquellen zu decken. Das bedeutete konkret für alle Haushalte im Dorf tägliche Plackerei und lange Wegstrecken zur Wasserquelle an der Bleiche. Und wenn das Vieh in heißen Sommermonaten besonders durstig war, musste der Gang durchaus mehrmals bewältigt werden. In trockenen Jahren schrumpften die Wasserläufe rund ums Dorf zudem oft zu kleinen Rinnsalen, die eine ergiebige Wasserentnahme erschwerten. Das Ganze war also nicht nur eine mühsame Schlepperei, sondern diese Touren waren auch äußerst zeitaufwändig. Üblicherweise nutzten die Bewohner dazu ein Tragejoch, eine über die Schulter gelegte Tragstange, an der rechts und links die gefüllten Wassereimer hingen. So kamen schnell bis zu 50 kg Gewicht zusammen.
Wer täglich den langen und ansteigenden Weg von der damaligen Quelle am Bornbach (heutige Bezeichnung: „An der Bleich“) mit zwei randvoll gefüllten, hölzernen Wassereimern zurück in die „Groß Hohl“ antreten musste, der war natürlich überglücklich über den Fortschritt eines neuen Brunnens. Man musste künftig für sein Frischwasser nur noch die „paar Schritte“ in die Dorfmitte zum Brunnen marschieren, statt den weiten Weg zur „Bleich“.
Thomas Muders